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Die Customer Journey – Fluch oder Segen? Ich bin ehrlich zu euch, als ich diesen Begriff das erste Mal gehört habe, konnte ich nicht viel damit anfangen. Im Lehrgang zum Technischen Kaufmann haben wir noch die AIDA-Formel (Aufmerksamkeit, Interesse, Drang, Aktion) gelernt. Da war die Customer Journey überhaupt kein Thema, was ich jetzt im Nachhinein sehr schade finde. Je länger ich mich mit der Customer Journey auseinandersetze und damit arbeite, desto mehr bekomme ich Gefallen daran und verstehe, wie ich sie richtig einsetzen kann. Wie auch Du die Customer Journey für Dein Marketing-Konzept verwenden kannst, möchte ich Dir in diesem Artikel mitgeben. 

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Customer Journey?

Customer Journey heisst übersetzt Kundenreise. Sie hilft uns also, die “Kundenreise” besser zu verstehen. Die heutige Marketing-Landschaft ist riesig und bietet viele Möglichkeiten, potenzielle Kunden anzusprechen. Jedoch möchte der Marketing-Franken richtig eingesetzt sein und daher ist es wichtig zu verstehen, welche Massnahmen wo getroffen werden können. Und genau hier kommt die Customer Journey ins Spiel. Werfen wir deshalb einen Blick auf die Customer Journey von Chris Beyeler von Beyonder.

Customer Journey Framework von Beyonder.

Bild 1: Customer Journey von Beyonder

Nicht erschrecken, die Customer Journey sieht auf den ersten Blick etwas verwirrend aus, ist sie aber nicht. Wir schauen uns die einzelnen Phasen gleich noch im Detail an. Natürlich ist die Customer Journey keine neue Erfindung. Es gibt weitere Modelle, welche sich alle etwas unterscheiden, wie z.B. “See-Think-Do-Care” von Google oder das Fünf-Phasen-Modell nach Kotler. Aber im Grundsatz verfolgen alle dasselbe Ziel: Leads zu generieren und Kunden zu gewinnen bzw. etwas zu verkaufen. Haben wir erfolgreich einen Kunden gewonnen, ist die Bearbeitung aber nicht einfach beendet. Nun gilt es, den Kunden weiterhin zu pflegen und die Beziehung zu vertiefen. Genau diesen Punkt findet man nicht auf jedem Modell, gehört aber heutzutage zu einem der wichtigsten.

Phasen der Customer Journey

Schauen wir uns die Phasen genauer an. In dieser Customer Journey sind es sieben an der Zahl.

UNKNOWN

Der Unbekannte – hat kein aktives Bedürfnis oder weiss nicht, dass er ein Bedürfnis hat. Hier müssen wir als Anbieter Aufmerksamkeit wecken und das Bedürfnis bewusst machen.

RESEARCHER

Der Suchende – hat ein aktives Bedürfnis und kennt das Produkt, die Dienstleistung oder die Firma. Er geht also aktiv auf die Suche, um das Bedürfnis aktiv zu befriedigen und wir bieten die Lösung an.

VISITOR

Der Besucher – informiert sich. Der Besucher kennt uns, möglicherweise von den vorherigen Aktivitäten oder durch Empfehlungen. Dem Besucher müssen wir Informationen zur Verfügung stellen und Vertrauen aufbauen.

NOT CONVINCED

Hier springt uns der Kunde ab. Entweder konnten wir den Besucher noch nicht von uns überzeugen oder er wurde abgelenkt. Ganz klares Ziel: Kunde mit geeigneten Massnahmen zurückholen!

LEAD

Der Unschlüssige – Das Interesse ist vorhanden, aber er ist noch nicht entschlossen. Wir müssen den Kunden von uns überzeugen.

CUSTOMER

Der Kunde – Geschafft, wir konnten den Lead erfolgreich zum Kunden machen. Herzliche Gratulation! Eine grosser Schritt ist geschafft, aber damit ist die Kundenreise nicht beendet. Jetzt müssen/dürfen wir den Kunden “verwöhnen”, damit er auch in Zukunft ein glücklicher Kunde bleibt.

LOYALTY

Der Kunde ist treu – wir haben einen neuen Fan und im besten Fall wird er ein neues Mitglied unserer Community. In diesem Fall gilt es, die Kundenbeziehung zu vertiefen.

Der Mensch – Unser Kunde

Wir alle wissen, wie es ist, auf der Kundenseite zu stehen. Überall werden wir mit Anzeigen, Newslettern, Display Ads oder ähnlichem konfrontiert. Sprechen dich diese Werbungen an? Liest du jeden Newsletter, der in deinem Postfach landet? Wohl kaum, also ich zumindest nicht.

Schauen wir uns das Ganze von der anderen Seite an. Wir möchten nun unser Produkt/Service an die Leute bringen. Damit uns das auch richtig gut gelingt, müssen wir uns Gedanken darüber machen, wen wir ansprechen, über welche Kanäle und wie wir uns von unseren Mitbewerbern differenzieren können. Haben wir unsere Zielgruppe definiert und im besten Fall eine oder sogar mehrere Buyer Persona kreiert, können wir zusammen mit dem PESO-Modell und der Customer Journey unser Marketing-Konzept auf die Beine stellen. Bevor wir aber die einzelnen Punkte zum Marketing-Konzept vereinen, machen wir noch einen kleinen Abstecher in das PESO-Modell.

Das PESO-Modell

Das PESO-Modell gibt uns eine Übersicht über die vielfältigen Möglichkeiten, unsere Kunden an den verschiedenen Touchpoints abzuholen. Denn während der “Kundenreise” kommen wir immer wieder an verschiedenen Touchpoints vorbei, wo es wichtig sein kann, den potenziellen Kunden anzusprechen.

Bild 2: PESO-Model

Die vier Buchstaben P, E, S, O stehen jeweils für Paid, Earned, Shared und Owned -Media. Was ist der Unterschied?

PAID MEDIA

Wie der Name schon sagt, gehören hier alle Aktivitäten dazu, für die wir bzw. das Unternehmen Geld ausgibt. Also z.B. Search Ads, Social Ads, Display Ads etc. Das Grundprinzip ist ganz einfach: Je mehr Geld wir investieren, umso mehr Reichweite erhalten wir. Drehen wir den Geldhahn aber zu, ist die Reichweite ebenfalls weg. Allgemein gilt zu sagen, dass die höchste Kontrolle bei den Anzeigen liegt. Dafür ist allerdings auch die Glaubwürdigkeit eher gering.

EARNED MEDIA

Das Medium mit der wohl höchsten Glaubwürdigkeit. Wieso? Weil hier von Externen über uns berichtet wird und nicht wir über uns selbst. Also z.B. wird in Fachzeitschriften oder Blogs über unsere Firma, unser Produkt oder Dienstleistung berichtet. Wir haben zwar so gut wie keine Kontrolle darüber, profitieren aber von der Glaubwürdigkeit und unser SEO freut sich ebenfalls.

SHARED MEDIA

Hier kümmern wir uns um die Sozialen Medien, wie zum Beispiel Instagram, LinkedIn, YouTube, TikTok usw. Abgesehen von den personellen Ressourcen ist Social Media eine für uns günstige Möglichkeit, auf uns Aufmerksam zu machen und mit den Menschen zu interagieren. Zugegeben, der Zeitaufwand für einen guten Social Media Auftritt mit Content-Erstellung und was dazugehört, ist hoch. Aber es lohnt sich!

OWNED MEDIA

Das sind unsere eigenen Kanäle wie z.B. unsere Website, der eigene Blog oder unser Newsletter. Diese Kanäle können wir direkt kontrollieren. Im Gegenzug aber sinkt die Glaubwürdigkeit. Auch die Geschwindigkeit der Verbreitung ist eher langsam, da es bei Google eine gewisse Zeit (ca. 3 – 4 Monate) benötigt, um ein gutes Ranking zu erhalten.

Zusammengefasst können wir sagen, dass wir mit dem PESO-Modell ein einfaches und verständliches Hilfsmittel über die möglichen Touchpoints erhalten, welches wir bei der Konzepterstellung mit der Customer Journey einsetzen können.

Bild 3: Relation Kontrolle und Glaubwürdigkeit

Unser Marketing-Konzept

Jetzt haben wir die Customer Journey, den Kunden und das PESO-Modell kennengelernt. Mit diesen Kenntnissen können wir nun unser Marketing-Konzept aufstellen und die richtigen Massnahmen daraus ableiten. Machen wir ein Beispiel:

Wir sind ein neues mittelgrosses und nachhaltiges Café, welches auch als Bar genutzt werden kann. Tagsüber liegt der Fokus auf Kaffee und mit dem Feierabend zieht der Barbetrieb ein. Wir befinden uns in gut frequentierter Lage in Basel, gleich in der Nähe vom Bahnhof. Weil die Lage so gut ist, möchten wir auch die Möglichkeit bieten, dass Geschäftstreffen in unserem Café stattfinden können für Besprechungen von 2-5 Personen, oder die Möglichkeit von Remote-Work anbieten. 

Wir haben eine Website und sind im Besitz von Instagram/Facebook und haben eine LinkedIn Seite. Die zugehörige Meta Business Suite und der LinkedIn Ad-Manager sind ebenfalls vorhanden. Unsere grobe Zielgruppe: Personen zwischen 25-65 Jahren, die gemütlich etwas trinken und sich austauschen möchten, sowie Personen im Arbeitsalltag, die entweder einen Platz für ein Kundengespräch oder Remote-Work suchen. Schauen wir also, wo wir entlang der Customer Journey, welche Massnahmen ergreifen können:

UNKNOWN

Da wir noch unbekannt sind, wollen wir mittels Paid Media auf uns aufmerksam machen (Awareness). Hier werden wir gezielt Werbung auf Social Media schalten. Da wir auch Geschäftskunden erreichen wollen, sind wir bereit, auch eine grössere Summe für Werbung auf LinkedIn zu investieren.

RESEARCHER

Auch hier halten wir unsere Paid Media Massnahmen aufrecht und unterstützen diese zusätzlich mit SEA.

VISITOR

Unsere Website und Social Media Kanäle sind immer top aktuell und es wird ein eigener Blog geführt, der unser SEO unterstützen soll. Auf der Website kann man sich über das Unternehmen, unsere Nachhaltigkeit und über uns informieren, wie auch für den Newsletter anmelden.

NOT CONVINCED / LEAD / CUSTOMER

Da wir keinen Onlineshop haben, wird der Lead bzw. der potenzielle Kunde bei uns ins Café kommen. Hier gilt es natürlich genauso wie Online den Kunden von uns zu überzeugen und Vertrauen aufzubauen. Hat er sich entschieden etwas zu bestellen, gilt es den Kunden zu “verwöhnen”, damit er danach ein “Loyalty” wird, unseren Social Media Kanälen folgt und uns weiterempfehlen wird.

LOYALTY

Hier vertiefen wir die Beziehung zu unseren Stammkunden mittels Newsletter, Interaktionen auf Social Media und natürlich vor Ort. Diese Massnahmen können wir mit Events, Rabatten und Ähnlichem unterstützen.

Fazit

Um meine Eingangsfrage zu beantworten: Die Customer Journey ist ganz klar ein Segen! Sie bietet ein wertvolles Werkzeug um schnell und einfach einen Überblick über die Kundenreise zu erhalten. Sie stellt damit ein geeignetes Hilfsmittel bei der Erstellung des Marketing-Konzeptes dar. Zusammen mit dem PESO-Modell,  welches die verschiedenen Touchpoints erklärt, lassen sich so optimale Massnahmen ableiten.

tl;dr

Die Customer Journey ist ein nützliches Konzept im Marketing, das den Weg eines Kunden von der Unbekanntheit bis zur Treue beschreibt. Sie besteht aus den sieben Phasen:

  • Unknown
  • Researcher
  • Visitor
  • Not Convinced
  • Lead
  • Customer
  • Loyalty

Durch das Verständnis der Customer Journey können wir gezielte Massnahmen entwickeln, um potenzielle Kunden anzusprechen und langfristige Beziehungen aufzubauen. Das PESO-Modell (Paid, Earned, Shared, Owned) bietet eine Übersicht über die verschiedenen Kanäle, um Kunden an den verschiedenen Touchpoints zu erreichen. Durch die Kombination von Customer Journey und PESO-Modell, kann ein effektives Marketingkonzept erarbeitet werden, um Kunden zu gewinnen und langfristig zu binden.

Quellen: